Dreharbeiten
"Theresienstadt sieht aus wie ein Curort"

Das erfolgreiche heimische Filmteam Nadja Seelich und Bernd Neuburger, das zuletzt den Kinderfilm "Lisa und die Säbelzahntiger" europaweit ins Kino brachte, arbeitet zur Zeit wieder an einem Dokumentarfilm. Die Vorlage für den rund 45minütigen Film mit dem Titel "Theresienstadt sieht aus wie ein Curort" liefert ein einzigartiges Tondokument. Es sind die Aufzeichnungen einer Überlebenden aus dem Konzentrationslager Theresienstadt, die diese 1948 auf Tonband gesprochen hat.

Die in Prag geborene Drehbuchautorin Nadja Seelich und der Salzburger Bernd Neuburger leben und arbeiten seit vielen Jahren in Wien, wo ihre weit über die österreichischen Grenzen hinaus erfolgreichen Kinderfilme "Jonathana und die Hexe", "Ferien mit Silvester" und "Lisa und die Säbelzahntiger" entstanden sind. 1992 drehten Seelich/Neuburger den später preisgekrönten Dokumentarfilm "Sie saß im Glashaus und warf mit Steinen", ein Portrait der Prager Schriftstellerin Jana Cerna, der Tochter von Franz Kafkas Gelieber Milena. Auch in ihrem neuen Dokumentarfilm "Theresienstadt sieht aus wie ein Curort" stellen Seelich/Neuburger ein faszinierendes Frauenschicksal in den Mittelpunkt.

Die Geschichte der Josefa Stibitzova ist in mehrerer Hinsicht bemerkenswert. Die Pragerin kam 1942 als bereits 69jährige in das Ghetto Teresienstadt, das für die meisten Juden eine Zwischenstation auf dem Weg in die Gaskammern Polens war. Zweimal entkam Josefa Stibitzova nur knapp einem Vernichtungstransport und überlebte in Theresienstadt trotz ihres hohen Alters. Im NS-Propagandafilm "Der Führer schenkt den Juden eine Stadt" ist Frau Stibitzova vor einer Holzbaracke auf einer Gartenbank sitzend zu sehen. Über die Dreharbeiten berichtete sie damals in einer erhalten gebliebenen Korrespondenzkarte ihrer Familie: "Theresienstadt sieht aus wie ein Curort."

Nadja Seelich: "Im Konzentrationslager Terezin, auf deutsch Theresienstadt, sind zehntausende Menschen umgekommen. Während unserer Recherchen haben wir auch die jetzige Gedenkstätte in Theresienstadt besucht, wo der Film mit geändertem Kommentar den Besuchern gezeigt wird. Selbstverständlich hat Josefa Stibitzova weder musiziert noch gedichtet, wie es die Nazipropaganda den Zuschauern weismachen wollte. Sie hat auf dem Feld gearbeitet, Fische geräuchert oder verfaulte Kartoffeln aussortiert. Im Gegensatz zu ihren Geschwistern hat sie jedoch im Mai 1945 die Befreiung erlebt. Drei Jahre später, kurz nach ihrem 75. Geburtstag, hat Frau Stibitzova ihre Erinnerungen auf Tonband gesprochen. Die ausdrucksstarke Stimme auf dieser fünzig Jahre alten Aufnahme sowie private Fotos und Dokumente sind die sehr persönlichen Ausgangspunkte unseres Films."

Die Dreharbeiten in Tschechien und in Österreich haben Nadja Seelich und Bernd Neuburger soeben abgeschlossen. Produziert wird der Dokumentarfilm von der Wiener Extra-Film mit Geldern des Bundes, des Landes Salzburg und aus dem ORF/Film-Fernsehabkommen.

S.Pyrker, 12.04.1997


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